«Marsmännchen» und vergessene Akkreditierung – So verlief meine Reise nach Peking
Seit Wochen, nein seit Monaten, freue ich mich wie ein kleines Kind auf meinen Olympia-Einsatz für die Today-Plattformen von CH Media. Um den grossen Traum nicht zu gefährden, habe ich auf vieles verzichtet: Die privaten Kontakte auf praktisch null heruntergefahren, tägliches Fiebermessen und mehrere PCR-Tests sind nur einige der Beispiele.
Am Dienstagabend ist es dann endlich soweit und mein Olympia-Abenteuer kann beginnen. Als ich am Flughafen Zürich eintreffe, trifft mich jedoch fast der Schlag. Die Schlange vor dem Check-in-Schalter ist riesig. Zahlreiche Athleten, Betreuerinnen und Trainer haben das gleiche Ziel: Sie alle wollen ebenfalls für den Spezialflug LX 2696 nach Peking einchecken.
Zu meinem grossen Erstaunen sind nicht nur Schweizer Athleten in der Warteschlange, sondern auch Athletinnen aus Grossbritannien, Kanada, Österreich, Neuseeland, Australien oder sogar Jamaika. Und da es sich bei den allermeisten Flugpassagieren um Sportler handelt, haben sie deutlich mehr Gepäck dabei als ich – von Slalomstangen bis hin zu Skisprung-Skis ist alles mit dabei. Entsprechend lange dauert das Anstehen.
Bange Momente vor dem Abflug
Je näher ich dem Check-in-Schalter komme, desto mehr fällt mir ein Schweizer Athlet auf, der auf dem Boden sitzt und verzweifelt sein gesamtes Gepäck durchsucht. Gleichzeitig telefoniert er hektisch herum. Kurz darauf erfahre ich, dass er seine Akkreditierung nicht mehr findet. Und diese ist Pflicht, um einchecken und nach Peking einreisen zu können. Wie diese Geschichte ausgeht, wird in einem späteren Artikel verraten.
Nach dem erfolgten Check-in verläuft alles reibungslos, zumindest fast. Mit einer kleinen Verspätung, weil zwei Passagiere doch nicht mitfliegen können und ihr Gepäck wieder ausgeladen werden muss, hebt der Swiss-Flieger ab in Richtung Peking. Und meine Vorfreude wird immer grösser.
Peking, ich komme!
Kurz vor dem Landeanflug in Peking kann ich einen Blick auf die Olympia-Skipisten erhaschen. Hätte der Pilot nicht darauf hingewiesen, hätte wohl kaum jemand bemerkt, dass Odermatt, Feuz, Gut-Behrami und Co. auf genau diesem Berg um Olympia-Gold fahren werden, denn es liegt kaum Schnee.
In Peking angekommen, geht es raus aus dem Flieger. Und bereits da muss ich ein erstes Mal schmunzeln. Wir werden direkt bei der Türe von einer Handvoll Chinesen empfangen, die einen Ganzkörperanzug tragen. Auch ihr Handy, das sie bedienen, ist separat in einer Plastiktüte verpackt. So muss es sich wohl anfühlen, einem Marsmenschen zu begegnen, denke ich mir und passiere die erste Station.
Warten, warten und nochmals warten
Nach einem kurzen Fussmarsch heisst es erst einmal: warten. Nach einer guten Viertelstunde werden die Passagiere tröpfchenweise zur nächsten Station geschickt, wo an einem von zahlreichen Schaltern nochmals alle Personalien und Gesundheitsangaben überprüft werden müssen. Ich verstehe nur Bahnhof, doch zum Glück ist sofort ein «Marsmensch» zur Stelle und hilft mir.
Ich bin überrascht, wie gut organisiert die Ankunft bisher abläuft. Denn ich habe mir im Vorfeld ausgemalt, dass ich mitten in einer völlig überfüllten Ankunftshalle stundenlang auf die Passkontrolle warten muss. Doch ich lasse mich eines Besseren belehren und marschiere weiter zum PCR-Test. Zahlreiche Kabinen und ebenso viele Helferinnen und Helfer stehen bereit, um den obligaten Corona-Abstrich durchzuführen, einmal in der Nase, einmal im Mund.
Wie in einem falschen Film
Ich werde etwas nervös. Denn einige Mitreisende husten, als müssten sie demnächst erbrechen, als ihnen das Stäbchen in den Rachen gestossen wird. Andere wiederum meinen im Anschluss an den Test, dass sie das Stäbchen wohl noch nie zuvor so tief in die Nase gesteckt erhalten hatten. Ich hatte Glück und mein Testverantwortlicher war etwas sanfter.
Weiter geht es zur obligaten Passkontrolle. Danach ist die Einreisetortur aber sicherlich vorbei – denke ich. Doch weit gefehlt. Wir werden in einen weiteren Wartebereich geführt und müssen dort einmal mehr das tun, was man bei der ganzen Einreise bereits an jeder Station tun musste: warten. Nach gefühlten fünf Stunden dann endlich die Erlösung: Wir können nach und nach unser Gepäck abholen und in den Car steigen, der uns zu unserem Hotel bringt.
Die Erlösung naht
Ich gehöre zur letzten Gruppe, die den Flughafen verlässt. Entsprechend leer ist das Fahrzeug. Nur ein weiterer Journalist sitzt mit mir im Bus, der wie vieles in Peking coronakonform umgerüstet wurde. Direkt hinter dem Chauffeur ist eine dicke, durchsichtige Blache gespannt, damit ja kein direkter Kontakt mit den Passagieren entsteht. Und jeder zweite Sitz ist mit einem Kleber abgesperrt, damit ja nicht zwei Personen direkt nebeneinandersitzen.
Nach einer weiteren halben Stunde treffe ich dann endlich im Hotel ein. Ich schaue aufs Handy und stelle fest: Es ist 15.40 Uhr. Seit der Landung sind sage und schreibe vier Stunden vergangen. Doch das ist mir in diesem Moment egal. Ich bin einfach froh, habe ich es ins Hotel geschafft.
Und als dann, wieder eine Stunde später, mein Telefon klingelt und ich in gebrochenem Englisch höre: «With your test at the airport, everything is okay» bin ich nur erleichtert. Ich hab’s geschafft. Mein Olympia-Abenteuer kann beginnen!